Revision des Schweizerischen Gesellschaftsrechts: Aktienkapital – Allgemeines (1/3)

Revision des Schweizerischen Gesellschaftsrechts: Aktienkapital – Allgemeines (1/3)

Das nOR hat den rechtlichen Rahmen im Zusammenhang mit den Bestimmungen zum Aktienkapital weitgehend und zum Teil wesentlich geändert. Unter anderem wurde das genehmigte Kapital durch das sogenannte Kapitalband ersetzt und mehrere Bestimmungen über das bedingte Kapital sowie die ordentliche Kapitalerhöhung und -herabsetzung wurden geändert. In den folgenden Newslettern werden wir systematisch auf die relevanten Änderungen eingehen. Beginnen werden wir mit einigen allgemeinen Änderungen sowie den neuen Vorschriften über die Denominierung des Kapitals in Fremdwährung.

1. Allgemeine Änderungen

Mit dem nOR wurden folgende Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit dem Aktienkapital implementiert:

  • Mindestnennwert: Der Nennwert von Aktien ist nicht mehr auf mindestens CHF 0.01 festgelegt, sondern muss lediglich grösser als CHF 0 sein.
  • (Beabsichtigte) Sachübernahme: Die Bestimmungen zur (beabsichtigten) Sachübernahme im Zusammenhang mit der Liberierung von neu ausgegebenen Aktien wurden gestrichen. Gründer und - im Falle einer Kapitalerhöhung - Aktionäre müssen daher nicht mehr den (aufwändigen) Prozess der sogenannten qualifizierten Gründung bzw. Kapitalerhöhung durchlaufen, wenn die Gesellschaft (nach ihrer Gründung bzw. der Kapitalerhöhung) beabsichtigt, Vermögenswerte von den Gründern bzw. Aktionären oder ihnen nahestehenden Personen zu erwerben.
  • Verrechnungsliberierung: Die Verrechnungsliberierung war bereits vor Inkrafttreten des nOR zulässig. Das Gesetz legt nun fest, dass die Liberierungspflichten auch dann erfüllt sind, wenn die Forderung nicht mehr durch Aktiven gedeckt ist (d.h. nicht mehr mit ihrem vollen Nennwert bewertet werden darf). Darüber hinaus wurden mit dem nOR bestimmte Offenlegungspflichten hinzugefügt, wonach in den Statuten der Gesellschaft (i) der Betrag/die Beträge der zur Verrechnung gebrachten Forderung(en), (ii) der Name/die Namen des Aktionärs/der Aktionäre und (iii) die Anzahl der ihm/ihnen zukommenden Aktien anzugeben sind (dieselben Bestimmungen gelten für Kapitalerhöhungen aus Eigenkapital). Diese Informationen können frühestens nach 10 Jahren aus den Statuten gelöscht werden.
  • Sacheinlage: Gründer und - im Falle einer Kapitalerhöhung - Aktionäre können die Liberierungspflichten weiterhin durch Sacheinlagen erfüllen (d.h. durch Einbringung von Vermögenswerten anstelle von Bargeld). Das nOR bringt keine wesentlichen Änderungen der Anforderungen an die einzubringenden Vermögenswerte mit sich, sondern kodifiziert die bisherige Praxis, indem sie diese ausdrücklich festlegt:
  1. die (einzubringenden) Gegenstände können als Aktiven bilanziert werden;
  2. sie können in das Vermögen der Gesellschaft übertragen werden;
  3. mit der Eintragung in das Handelsregister erwirbt die Gesellschaft unmittelbar das Eigentum daran und kann frei über die Gegenstände verfügen bzw. erhält bei unbeweglichen Sachen ein unbedingtes Recht, als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen zu werden; und
  4. der Wert der Gegenstände kann durch Übertragung an einen Dritten realisiert werden.
  • Partizipationskapital: Während für nicht börsenkotiertes Partizipationskapital der Höchstbetrag weiterhin dem Doppelten des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals entspricht, wurde die Grenze für börsenkotiertes Partizipationskapital auf das Zehnfache des eingetragenen Aktienkapitals angehoben.

2. Aktienkapital in Fremdwährung

Seit der Revision des Rechnungslegungsrechts im Jahr 2013 ist es den Gesellschaften erlaubt, ihre Rechnungslegung in der Landeswährung (Schweizer Franken) oder in der für ihre Geschäftstätigkeit wesentlichen Währung (der sogenannten "funktionalen Währung") zu führen. Von diesem Wahlrecht haben vor allem (börsenkotierte) Gesellschaften mit einer breiten internationalen Geschäftstätigkeit Gebrauch gemacht. Das Kapital der Gesellschaft sowie andere damit zusammenhängende Kennzahlen (wie z.B. die Ergebnisverwendung oder die Reserven usw.) mussten jedoch weiterhin in Schweizer Franken ausgewiesen werden, was zu schwierigen Fragen im Zusammenhang mit Wechselkursdifferenzen führte.

Gemäss dem nOR können Schweizer Gesellschaften nun beschliessen, ihr Aktienkapital in einer Fremdwährung zu denominieren, sofern die Fremdwährung die funktionale Währung für die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft ist. Zum Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft muss das Kapital (in Fremdwährung) einen Gegenwert von mindestens CHF 100'000 aufweisen. Zudem müssen die Rechnungslegung und die Geschäftsberichte in der gleichen Fremdwährung geführt werden. Der Bundesrat kann festlegen, welche Währungen zugelassen sind (gegenwärtig sind folgende Währungen zugelassen: Euro, US-Dollar, britisches Pfund und japanischer Yen).

Die Generalversammlung kann mit qualifizierter Mehrheit (vgl. unseren Newsletter "Revision des Schweizerischen Aktienrechts: Generalversammlung und Beschlüsse (Teil 1)") eine Änderung der Währung des Aktienkapitals auf den Beginn eines jeden Geschäftsjahres beschliessen. Danach hat der Verwaltungsrat die Statuten der Gesellschaft zu ändern, die Einhaltung der Voraussetzungen für den Währungswechsel zu bestätigen und den angewandten Wechselkurs anzugeben.

Sollten Sie Fragen zum nOR haben oder Unterstützung in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten benötigen, zögern Sie bitte nicht, unsere Spezialisten in Genf, Lugano oder Zürich zu kontaktieren. Wir sind Ihnen gerne behilflich.