Revision des Schweizerischen Aktienrechts: Verwaltungsrat

Kompetenzen

Das nOR ändert nichts am Paritätsprinzip des schweizerischen Aktienrechts, wonach eine klare Trennung und Aufteilung der Kompetenzen, Befugnisse und Aufgaben zwischen der Generalversammlung und dem VR besteht. Viele dieser Kompetenzen sind und bleiben unübertragbar und unentziehbar, ohne dass eines der vorgenannten Organe das andere überstimmen kann, obwohl es zu einer Verlagerung gewisser wichtiger Kompetenzen vom VR auf die Generalversammlung, namentlich bei börsenkotierten Gesellschaften, und zu einer massvollen Ausweitung der Mitwirkungsrechte der Aktionäre kommt.

Wählbarkeit

An der Wählbarkeit in den VR ändert sich mit Inkrafttreten des nOR nichts: Nur natürliche Personen können Mitglieder des VR werden (Verwaltungsratsmitglieder).

Wahl

Die Verwaltungsratsmitglieder werden weiterhin von der Generalversammlung gewählt und abberufen.

Grundsätzlich müssen die Verwaltungsratsmitglieder einzeln gewählt werden. Bei nicht börsenkotierten Gesellschaften können die Statuten oder – mit Zustimmung aller vertretenen Aktionäre – der Vorsitzende der jeweiligen Generalversammlung eine kollektive Wahl der Verwaltungsratsmitglieder vorsehen.

Dauer der Amtszeit

Bei börsenkotierten Gesellschaften beträgt die Amtszeit eines Verwaltungsratsmitglieds höchstens ein Jahr und endet am Schluss der auf die Wahl folgenden ordentlichen Generalversammlung. Bei nicht börsenkotierten Unternehmen beträgt die Amtszeit drei Jahre, wobei die Statuten die Amtszeit auf ein oder zwei Jahre verkürzen oder auf maximal sechs Jahre verlängern können.

Wiederwahl

Die Mitglieder des VR (einschliesslich des Präsidenten, siehe unten) können wiedergewählt werden. Die Statuten können jedoch die Anzahl der aufeinanderfolgenden Amtszeiten begrenzen oder Altersgrenzen festlegen.

Präsident, Vizepräsident und Sekretär

Bei börsenkotierten Gesellschaften wird der Präsident des VR von der Generalversammlung aus dem Kreis der Mitglieder des VR gewählt. Bei nicht börsenkotierten Gesellschaften wird der Präsident des VR vom VR selbst aus dem Kreis seiner Mitglieder gewählt, es sei denn, die Statuten sehen die Wahl durch die Generalversammlung vor.

Gemäss dem nOR ist die Wahl eines Vizepräsidenten des VR weiterhin nicht und die Wahl eines Sekretärs des VR nicht mehr notwendig. Die Statuten und/oder das Organisationsreglement (OrgReg) können dies jedoch vorsehen. Wird kein Sekretär des VR gewählt, so kann der Präsident des VR ad hoc für jede Sitzung einen Protokollführer ernennen.

Sitzungen

Das nOR legt keine Mindestanzahl von VR-Sitzungen fest. Die Statuten und/oder das OrgReg können dies jedoch tun. In der Regel sehen diese Dokumente mindestens vier Sitzungen pro Jahr, in jedem Fall aber so viele, wie es die Geschäfte erfordern, vor.

Die Sitzungen sollen sicherstellen, dass die Verwaltungsratsmitglieder die Traktanden gründlich erörtern. Offensichtlich, weil dies im besten Interesse der Gesellschaft liegt. Aber auch mit dem Ziel, die Haftungsrisiken der Gesellschaft und der Verwaltungsratsmitglieder zu begrenzen; denn aufgrund der aus den Jurisdiktionen des Common Law stammenden und auch in der Schweiz angewandten Business Judgement Rule wird davon ausgegangen, dass der VR nach Treu und Glauben handelt und somit durch die Business Judgement Rule geschützt ist, wenn bei der Entscheidungsfindung folgende Voraussetzungen erfüllt sind: (i) keine Interessenkonflikte; (ii) die Entscheidung beruht auf angemessenen Informationen; (iii) die Informationen wurden in einem ordnungsgemässen Entscheidungsprozess ausgewertet; (iv) die Entscheidung ist formell korrekt und mit allen Vorschriften konform.

In den Statuten oder dem OrgReg ist in der Regel eine Frist von fünf oder zehn Tagen für die Einberufung einer VR-Sitzung vorgesehen.

Die Sitzung kann überall stattfinden. Die Statuten und das OrgReg können jedoch Einschränkungen vorsehen, z.B. dass der Ort in der Schweiz liegen muss.

Ausserdem kann die Sitzung persönlich oder auf elektronischem Wege (z.B. per Video- oder Telefonkonferenz) abgehalten werden. Während einer Sitzung können die Mitglieder des VR ihr Stimmrecht auf elektronischem Wege ausüben. In diesem Fall muss der VR technische Massnahmen ergreifen, um die Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.

Darüber hinaus muss der VR während der Sitzung ein Protokoll führen, wobei das Protokoll die Diskussionen und Beschlüsse umfassen muss. Das Protokoll muss vom Präsidenten des VR und dem Sekretär des VR/Protokollführer unterzeichnet werden.

Schriftliche Beschlüsse

Wenn die Durchführung einer Sitzung schwierig oder unmöglich ist, kann der VR seine Beschlüsse schriftlich fassen, sofern kein Verwaltungsratsmitglied ausdrücklich die Beratung eines Traktandums verlangt. Der VR hat darauf zu achten, dass der Beschluss klar und unmissverständlich ist. Schriftliche Beschlüsse können sowohl auf Papier (d.h. mit handschriftlicher oder qualifizierter elektronischer Unterschrift) als auch in elektronischer Form (z.B. per E-Mail) gefasst werden, sofern das OrgReg nichts anderes vorsieht.

Quoren und Beschlüsse

Das nOR sieht kein Anwesenheitsquorum für die VR-Sitzungen vor und verlangt lediglich eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen für die Fassung von Beschlüssen. Der Präsident des VR hat den Stichentscheid, sofern in den Statuten nichts anderes vorgesehen ist.

Delegation der Geschäftsführung

Gemäss dem nOR wird die Geschäftsführung von allen Verwaltungsratsmitgliedern gemeinsam ausgeübt.

Der VR kann jedoch die gesamte oder einen Teil der Geschäftsführung an einen oder mehrere Verwaltungsratsmitglieder oder an Dritte (Geschäftsführer) delegieren, sofern die Statuten nichts anderes vorsehen (nach altem Recht galt der umgekehrte Grundsatz).

Die Geschäftsführung muss an natürliche Personen delegiert werden. Börsenkotierte Gesellschaften können jedoch die Vermögensverwaltung auch an juristische Personen delegieren.

Die Delegation der Geschäftsführung erfolgt grundsätzlich auf der Grundlage des OrgReg.

Statuten

Wie wir gesehen haben, müssen die Stauten geändert werden, damit gewisse Bestimmungen gelten.

Organisationsreglement

Das nOR regelt den Inhalt des OrgReg nicht, welches zumindest Bestimmungen zu folgenden Punkten enthalten sollte: (i) Aufgaben und Kompetenzen des VR, seiner Ausschüsse (falls vorhanden), seines Präsidenten und der Geschäftsführung; (ii) insbesondere die Bestimmungen zur Geschäftsführung der Gesellschaft; (iii) Regeln für die Berichterstattung; (iv) Entscheidungsfindungsprozess; und (v) Umgang mit Interessenkonflikten.

Sollten Sie Fragen zum nOR haben oder Unterstützung in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten benötigen, zögern Sie bitte nicht, unsere Spezialisten in Genf, Lugano oder Zürich zu kontaktieren. Wir sind Ihnen gerne behilflich.