Vereinfachte Nachbesteuerung von Erben – neuer Bundesgerichtsentscheid mit Auswirkungen auf die Praxis

Vereinfachte Nachbesteuerung von Erben – neuer Bundesgerichtsentscheid mit Auswirkungen auf
die Praxis

Vereinfachte Nachbesteuerung von Erben

Das Schweizer Steuerrecht hat vor ca. 15 Jahren eine wohlwollende und interessante Nachbesteuerung von Erben eingeführt. Falls sich Erben mit einem Nachlass konfrontiert sehen, bei welchem der Erblasser in der Vergangenheit nicht alle Vermögenswerte und/oder Einkommenselemente deklariert und versteuert hat, besteht die Möglichkeit der vereinfachten Nachbesteuerung von Erben. Diese kommt sowohl in Bezug auf die direkte Bundessteuer wie auch in allen Kantonen zu Anwendung.

Falls die Voraussetzungen für die Anwendung der vereinfachten Nachbesteuerung der Erben gegeben sind, bedeutet dies, dass die Nachbesteuerung ausschliesslich für die letzten drei vor dem Todesjahr abgelaufenen Steuerperioden erfolgt und nicht, wie üblich, für die letzten 10 Jahre. Zudem entfällt eine allfällige Busse wegen Steuerhinterziehung und auch eine allfällige Bestrafung wegen Steuerbetrugs.

Für die Anwendung der vereinfachten Nachbesteuerung müssen gemäss Gesetz folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:

  1. Die Hinterziehung ist keiner Steuerbehörde bekannt;
  2. die Erben unterstützen die Steuerverwaltung vorbehaltlos bei der Feststellung der hinterzogenen Vermögens- und Einkommenselemente; und
  3. Die Erben bemühen sich ernsthaft, die ausstehende Steuerschuld zu begleichen.

Das Gesetz schreibt nicht ausdrücklich vor, dass die Erben eine Selbstanzeige machen müssen, damit die vereinfachte Nachbesteuerung für Erben zur Anwendung gelangt. Deshalb war es bislang unklar, ob eine aktive Meldung der Erben erforderlich ist oder nicht.

Der Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht hat sich kürzlich mit der unklaren Frage befasst, ob eine aktive Meldung der Erben erforderlich ist (9C_42/202405.12.2024 - Schweizerisches Bundesgericht).

Das Bundesgericht kam in diesem Entscheid zum Schluss, dass Erben nur dann die vereinfachte Nachbesteuerung beanspruchen können, wenn sie die Anwendung der vereinfachten Nachbesteuerung bei den Steuerbehörden aktiv nachsuchen. Im vorliegenden Fall hat die Erbin die erfolgte Unterbesteuerung nicht gemeldet, bevor die Steuerbehörde diese Unterbesteuerung selbst entdeckt hat. Deshalb ist im vorliegenden Fall die ordentliche Nachbesteuerung zum Zug gekommen, womit die letzten 10 Jahre vor dem Jahr des Todestags der Erblasserin besteuert wurden.

Wichtig für die Praxis

Auf Grund dieses Bundesgerichtsentscheids ist es nun klar, dass die Erben eines Nachlasses aktiv werden müssen, wenn sie von der Wohltat der vereinfachten Nachbesteuerung von Erben profitieren wollen.

Das bedeutet, dass die Erben die steuerliche Vergangenheit des Nachlasses sorgfältig analysieren müssen, um allfällige steuerliche Inkonsistenzen zu entdecken. Bestehen Hinweise auf nicht deklarierte Vermögenswerte oder Einkommenselemente, ist eine Offenlegung gegenüber den Steuerbehörden im Rahmen einer Selbstanzeige unerlässlich. Dies ist entscheidend, um erhebliche finanzielle Nachteile zu vermeiden. Nur so kann sichergestellt werden, dass allenfalls die vereinfachte Nachbesteuerung der Erben greift. Die Unkenntnis der Erben über eine Unterbesteuerung in der Vergangenheit schützt sie nicht vor den Konsequenzen eines ordentlichen Nachsteuerverfahrens.

Auf dem Spiel steht insbesondere die Möglichkeit, von der verkürzten Nachbesteuerung von nur drei statt zehn Jahren zu profitieren. Besonders ins Gewicht fällt bei einer zehnjährigen Nachbesteuerung der zusätzlich geschuldete Verzugszins auf dem gesamten Nachsteuerbetrag.

Unser Private Clients Team unterstützt Sie gerne bei allen Fragen rund um Nachlässe, Selbstanzeige und Besteuerung.