Einfrierungsbeschluss ("Arrest") für eine Forderung auf "unterliegende Anwaltskosten" aus einem brasilianischen ICC-Schiedsspruch

Einfrierungsbeschluss ("Arrest") für eine Forderung auf "unterliegende Anwaltskosten" aus einem brasilianischen ICC-Schiedsspruch

In der schweizerischen Zwangsvollstreckung kann ein Gläubiger, dessen Forderung durch ein Gerichtsurteil oder einen Schiedsspruch anerkannt worden ist, die Sperrung der in der Schweiz befindlichen Vermögenswerte des Schuldners verlangen. Im Falle eines ausländischen Schiedsspruchs muss das für die Sperrung zuständige Gericht übrigens auch über die Anerkennung des ausländischen Schiedsspruchs nach dem New Yorker Übereinkommen entscheiden.

In diesem Fall stützte sich die Sicherstellungsanordnung auf einen brasilianischen ICC-Schiedsspruch. Die unterlegene Partei wurde aufgefordert, direkt an die Anwaltskanzlei der obsiegenden Partei zu zahlen Braz Coelho Veras Lessa Bueno die ihr im Rahmen des Schiedsverfahrens entstandenen Anwaltskosten zu zahlen. Mit anderen Worten: Die Entschädigung für die Anwaltskosten wurde nicht der obsiegenden Partei selbst, sondern direkt ihren Anwälten zugesprochen, obwohl die Anwälte nicht Partei des Schiedsverfahrens waren, sondern die obsiegende Partei in diesem Verfahren lediglich vertraten.

Eines der Grundprinzipien der Schiedsgerichtsbarkeit ist, dass Schiedssprüche nur für die Parteien der Schiedsvereinbarung bindend sein können. Daher entfaltet ein Schiedsspruch in der Regel keine Bindungswirkung für oder gegenüber Dritten. Anwaltskanzleien, die im Namen ihrer Mandanten in einem Schiedsverfahren tätig werden, sind keine Parteien eines solchen Schiedsverfahrens, sondern "Dritte", denen aus dem Schiedsspruch selbst keine unmittelbaren Rechte erwachsen.

Es mag daher überraschen, dass ein Schweizer Gericht den Erlass einer Sicherstellungsverfügung akzeptiert hat, um die Forderung eines solchen Dritten, d. h. der Anwaltskanzlei, zu sichern.

Das liegt daran, dass es bei jedem Prinzip Ausnahmen gibt...

Im vorliegenden Fall wurde das Schiedsverfahren in Brasilien anberaumt und unterlag brasilianischem Recht. Die brasilianische Zivilprozessordnung sieht vor, dass die unterlegene Partei die Anwaltskosten direkt an die Anwälte der obsiegenden Partei zu zahlen hat. Die Anwälte haben somit einen direkten Anspruch auf diese Gebühren gegen die unterlegene Partei (so genannte"honorários sucumbenciais", im Folgenden"succumbing legal fees"). Die einschlägigen Bestimmungen des brasilianischen Prozessrechts sind auf Schiedsverfahren nicht unmittelbar anwendbar. Die Praxis der succumbing fees ist jedoch ein hervorstechendes Merkmal der brasilianischen Gerichtspraxis und in der ständigen Rechtsprechung des höchsten brasilianischen Gerichts anerkannt. Im vorliegenden Fall wurden beide Parteien von brasilianischen Anwaltskanzleien vertreten, und beide formulierten ihre Anträge auf Kostenerlass in Übereinstimmung mit dieser Praxis. Jede Partei beantragte die Zahlung von Gerichtskosten in Höhe von 20 % des Streitwerts, wobei vertragliche Gerichtskosten ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Diese Anträge wurden in den von den Anwälten der Parteien unterzeichneten Schriftsatz aufgenommen.

Der Einzelschiedsrichter interpretierte diese Anträge offenbar als eine Vereinbarung der Parteien, die Anwaltskosten so zu behandeln, wie sie in einem Gerichtsverfahren behandelt würden, d.h. indem er einen direkten Anspruch der Anwälte auf Kostenerstattung begründete. So hat der Einzelschiedsrichter im endgültigen Schiedsspruch unter Bezugnahme auf den genauen Wortlaut des Antrags der Parteien auf Erstattung der Anwaltskosten im Mandat die unterlegene Partei verurteilt, den Betrag von 20 % des Streitwerts direkt an die Anwaltskanzlei der obsiegenden Partei zu zahlen. Auf dieser Grundlage erließ das Amtsgericht Basel die Sicherungsverfügung zur Sicherung dieser Forderung der Anwaltskanzlei.

Es ist sehr positiv zu sehen, dass das Gericht bereit war, einer ausländischen Praxis, die einem Schweizer Juristen auf den ersten Blick seltsam erscheinen mag, gebührend Rechnung zu tragen. Dies ist eine weitere Bestätigung für die generelle schiedsrichterfreundliche Haltung der Schweizer Gerichte bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche.

Die wichtigsten Erkenntnisse:

  1. Ausländische Urteile oder Schiedssprüche können in der Schweiz durch Sperrverfügungen vollstreckt werden, wenn der Schuldner über Vermögen im Land verfügt.
  2. Achten Sie genau auf die Formulierung des Schiedsauftrags, denn er bietet die einmalige Gelegenheit, Mängel in Ihrer Schiedsvereinbarung zu beheben oder ihren Anwendungsbereich zu erweitern. Sie könnten sie zum Beispiel dazu nutzen, einen direkten Anspruch der Anwaltskanzlei einer Partei auf Prozesskosten gegen den Schuldner des Schiedsspruchs zu begründen.
  3. Schweizer Gerichte nehmen in der Regel eine schiedsgerichtsfreundliche Haltung gegenüber der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen ein.