Erwerb von Immobilien in Italien durch Schweizer Staatsbürger
Nach dem Grundsatz des Gegenrechts ist ein ausländischer Staats-bürger in Italien nur dann handlungsfähig, wenn einem italienischen Staatsbürger in dessen Heimatstaat die Ausübung desselben Rechts gestattet wird.
Aus italienisch-schweizerischer Sicht ist der Grundsatz des Gegen-rechts aufgrund des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG oder Lex Koller) von Bedeutung, da dieses das Recht von Ausländern mit Wohnsitz im Ausland auf den Erwerb bestimmter in der Schweiz gelegener Immo-bilien erheblich einschränkt. Nach schweizerischem Recht können Ausländer in der Schweiz nur dann Immobilien erwerben, wenn be-stimmte Voraussetzungen erfüllt sind und eine besondere Genehmi-gung der zuständigen kantonalen Behörde vorliegt.
Der Grundsatz des Gegenrechts im italienischen Recht
Im Gegensatz zum schweizerischen Recht sieht das italienische Recht keine Vorschriften vor, die den Erwerb von Immobilien in seinem Hoheitsgebiet durch Ausländer ausdrücklich beschränken. Gleichwohl ist jede nach ausländischem Recht bestehende Beschränkung in Italien gemäss Artikel 16 des sogenannten Preleggi alCodice Civile italiano (disp. prel. cod. civ.) von Bedeutung. Diese Bestimmung lautet wie folgt: "Ein Ausländer kann unter der Bedingung des Gegenrechts und vorbehaltlich der Bestimmungen der Sondergesetze, die einem italienischen Staatsbürger zukommenden Bürgerrechte in Anspruch nehmen. Diese Bestimmung gilt auch für ausländische juristische Personen".
Überprüfung der Reziprozitätsbedingung (Gegenrecht)
Für den Erwerb von Immobilien in Italien ist eine öffentliche Urkun-de erforderlich, und der Notar muss sich vergewissern, dass der Grundsatz des Gegenrechts eingehalten wird. Sollte der italienische Notar diesbezüglich Zweifel haben, kann er sich an das italienische Aussenministerium ("MAE") wenden, das dafür zuständig ist, die Einhaltung des Grundsatzes des Gegenrechts in den nationalen Rechtsvorschriften des betreffenden ausländischen Staates zu prüfen.
Eine solche Überprüfung ist jedoch nicht erforderlich für Ausländer, die eine langfristige Aufenthaltserlaubnis in Italien besitzen, oder für Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis für eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit, aus familiären und humanitären Gründen oder Studienzwecken besitzen, sowie für deren Familienangehörige.
Rechtliche Folgen des fehlenden Gegenrechts
Es besteht keine einheitliche Auffassung über die Rechtsfolgen, die sich aus dem Abschluss eines Immobilienkaufvertrags in Italien durch einen ausländischen Staatsangehörigen unter Verstoss gegen den Grundsatz des Gegenrechts ergeben.
Nach Ansicht gewisser italienischer Lehrmeinungen würde das Feh-len des Gegenrechts zur Nichtigkeit des Vertrages führen. Dagegen bestehen keine Rechtsmittel. Andere hingegen sind der Meinung, dass das fehlende Gegenrecht den Verkauf lediglich unwirksam macht, da ein solches Geschäft nicht gegen zwingende Vorschriften verstösst (Art. 1418 des italienischen Zivilgesetzbuches). Diese Unwirksamkeit würde nur innerhalb des italienischen Systems gelten, nicht aber im Ausland, und würde so lange andauern, bis das Gegenrecht in Kraft tritt.
Die Reziprozitätsbedingung aus schweizerisch-italienischer Sicht
Die Schweiz ist Teil des Europäischen Freihandelsabkommens (EFTA), hat aber das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) nicht ratifiziert. Daher sind ihre Staatsangehörigen nicht den Bürgern der EU-Mitgliedstaaten gleichgestellt, obwohl sie das Recht auf Freizügigkeit gemäss dem zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Jahr 1999 geschlossenen Abkommen über die Freizügigkeit in Anspruch nehmen können.
Nach italienischem Recht erfüllt ein Schweizer Staatsangehöriger also die Definition des Begriffs "Ausländer", so dass die im Grundsatz des Gegenrechts festgelegten Voraussetzungen überprüft werden müssen.
So wie ein Ausländer (d.h. der italienische Staatsangehörige) in der Schweiz den Beschränkungen des BewG unterliegt, unterliegt ein Schweizer Staatsangehöriger in Italien den gleichen Beschränkungen, wenn er in Italien eine Immobilie kauft.
Hervorzuheben ist, dass nach Ansicht des MAE die Bedingung des Gegenrechts mit der Schweiz in Bezug auf diejenigen Immobilien-verkäufe in Italien überprüft wird, die ein Ausländer in der Schweiz nach dem BewG ohne vorherige Genehmigung abschliessen könnte.
Direkter Kauf durch Schweizer Privatpersonen oder durch juristische Personen
Die Schweiz verlangt keine Genehmigung für den Erwerb von Immobilien durch italienische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Schweiz, die im Besitz einer C-Bewilligung sind. Nach dem Grundsatz des Gegenrechts unterliegt der Erwerb italienischer Immobilien durch in Italien ansässige Schweizer Staatsangehörige nach italienischem Recht daher keinen Beschränkungen.
Im Gegensatz dazu kann ein Schweizer Staatsangehöriger ohne Wohnsitz in Italien aufgrund der Beschränkungen des schweizeri-schen Rechts nur in den nachfolgenden Fällen Immobilien in Italien erwerben:
- Zweitwohnungen, Ferienwohnungen und Appartement-Hotel-Wohnungen mit einer Nettowohnfläche von höchstens 200 Quadrat-metern;
- Grundstücke, die zu Zweit- und Ferienwohnsitzen gehören (einzelne Einheiten: Villen, Gebäude usw.) mit einer Fläche von höchstens 1'000 Quadratmetern;
- Gebäude zur ausschliesslich gewerblichen Nutzung;
Darüber hinaus wird die Bedingung des Gegenrechts überprüft für:
- gesetzliche Erben bei Erwerb von Todes wegen und Verwandten des Veräusserers in aufsteigender und absteigender Linie (Grosseltern, Eltern und Kinder) sowie dessen Ehegatten;
- Schweizerische juristische Personen in Bezug auf Immobilien, die als Sitz oder Niederlassung des Unternehmens (Haupt- oder Nebenbetrieb) oder für Produktionszwecke genutzt werden, die ausschliesslich mit der ausgeübten Wirtschaftstätigkeit zusammenhängen.
In den folgenden Fällen ist der Grundsatz des Gegenrechts für nicht in der Schweiz wohnhaften Personen nicht erfüllt:
- wenn es sich bei dem Erwerb der Immobilie um eine Kapitalanlage handelt, mit Ausnahme von Immobilien für die gewerbliche Nutzung, die, auch wenn sie von gebietsfremden natürlichen Personen erworben werden, keiner Genehmigung bedürfen;
- wenn die beabsichtigte Nutzung der Immobilie nachträglich geändert wird und sich dadurch der Zweck, für den der Kauf ursprünglich getätigt wurde, ändert;
- beim Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen (die in der Schweiz bewilligungspflichtig sind).
Kauf durch italienische Rechtspersonen
Ferner ist es sinnvoll, die Gültigkeit des Erwerbs italienischer Immobilien durch eine italienische juristische Person im Besitz von Schweizer Staatsangehörigen zu analysieren.
Was die Gründung und Beteiligung an italienischen Kapitalgesellschaften betrifft, stellt das MAE klar, dass die Bedingung der Gegenseitigkeit erfüllt ist, sodass keine Einschränkungen für Schweizer Staatsangehörige gelten. Das MAE stellt auch klar, dass die Bedingung der Gegenseitigkeit erfüllt ist, wenn ein Schweizer Staatsangehöriger zum Mitglied des Verwaltungsrats einer italienischen Gesellschaft ernannt wird, mit Ausnahme von Gesellschaften, deren Zweck die Beteiligung an anderen Gesellschaften (Holdinggesellschaften) ist, oder im Falle der Ernennung zum Alleinverwalter. Das MAE macht jedoch keine Angaben zu Immobiliengesellschaften.
Was die Gründung von und die Beteiligung an italienischen Partnerschaften betrifft, stellt das MAE Folgendes klar:
- società semplice ("S.S."): Die Bedingung des Gegenrechts ist erfüllt;
- società in nome collettivo ("S.N.C."): Mindestens einer der Gesellschafter muss seinen Wohnsitz in Italien haben und einzeln oder gemeinsam mit den anderen ansässigen Gesellschaftern zur Vertretung der Gesellschaft befugt sein;
- società in accomandita semplice ("S.A.S"): Mindestens einer der persönlich haftenden Gesellschafter muss seinen Wohnsitz in Italien haben und einzeln oder gemeinsam mit den anderen ansässigen Gesellschaftern zur Vertretung der Gesellschaft befugt sein.
In Anbetracht der Tatsache, dass es einerseits zulässig ist, dass ein Schweizer Staatsangehöriger eine Gesellschaft nach italienischem Recht gründet (rechtmässiger Vorgang), und dass es andererseits zulässig ist, dass die italienische Gesellschaft anschliessend die Immobilie erwirbt (rechtmässiger Vorgang), muss man zu dem Schluss kommen, dass in diesem Fall der Grundsatz des Gegenrechts nicht verletzt wird.